Eine fast reale Geschichte!
Der Arzt, der an meinem
Bett steht, schüttelt ungläubig seinen weiß behaarten Kopf.
"Lieber Freund, warum tun sie so was, das Leben ist doch so
schön!“
Ich brauche einen Moment,
bis ich realisiere, wo ich bin und das Begreifen macht mich traurig.
Das war jetzt der dritte gescheiterte Selbstmordversuch in zwei
Monaten.
Eine halbe Flasche Wodka
und eine Röhrchen Schlaftabletten, was soll ich denn noch machen.
Gut, vielleicht hätte ich doch den Deckel von dem Röhrchen nehmen
sollen.
Aber am besten erzähle
ich von Anfang an.
Es fing alles an, als ich
ungefähr zehn Jahre alt war. Aus irgendeinem Grunde fühlte ich mich
damals berufen, für eine Familienfeier, ein eigenes Gedicht zu
verfassen und das Unheil nahm seinen Lauf.
Ich gebe zu, ich bin
süchtig. Süchtig danach Worte schriftlich solange
aneinanderzufügen, bis ein halbwegs sinnvoller Text entsteht, der im besten Fall auch über einen Reim-Rhythmus verfügt.
Jetzt werden sie sagen:
"Na und, es gibt doch viele, die Gedichte selbst verfassen.“
Richtig, aber im Laufe der
Zeit kommt da eine ganze Menge an Texten zusammen. In Ordner ab
geheftet füllt das irgendwann eine komplette Schrankwand und nimmt
ihnen den Platz, den sie zum Beispiel für Nippsachen und Dekorationsartikel in ihrem Wohnzimmer dringend benötigen.
Also kam ich vor einiger
Zeit auf die Idee, um wenigstens einige Texte los zu werden, ein Buch
daraus zu machen.
Dank der neuen Technik,
wir leben schließlich in einer virtuellen Computerwelt, braucht
man dafür ja keinen Verlag mehr, so wie früher in der Steinzeit.
Was das Risiko, das sie ihr Schriftwerk noch Jahre im Regal haben
deutlich minimiert.
Ich nahm also einen ganzen
Schwung meiner Gedichte, meldete mich auf einer bekannten online
Plattform an und veröffentlichte den ganzen Schrott. Nachdem ich
fertig war, vernichtete ich sofort die Originaltexte und stellte
einen giftgrünen Wackeldackel aus Plastik in das frei gewordene
Eckchen. Zwei Tage später feierte ich mit der Nachbarschaft, den
Einzug des neuen Familienmitgliedes und genoss ihre bewundernden
Blicke.
Doch schon am Nächsten
morgen informierte mich eine Email darüber, dass eine Person xy, aus
nicht näher bekannten Gründen, mein Buch käuflich erworben hatte.
Zutiefst erschrocken las
ich die Nachricht wieder und wieder, das musste eine Verwechslung
sein.
Auf Nachfrage teilte man
mir im Laufe des Tages mit, es hätte bis dato einhundert dreiundzwanzig Abverkäufe gegeben und man würde mir
meinen Anteil schnellst möglich überweisen.
Anteil, welcher Anteil,
ich war schockiert und bekam Magenkrämpfe.
Zehn Tage später lagen
die Verkaufszahlen bereits bei über fünfzigtausend und meine Bank
ernannte mich zum Kunden des Monats.
Innerhalb von weiteren
vier Wochen wurde mein Gedicht-band in fünf Sprachen übersetzt und
weltweit drei Millionen mal verkauft.
Mein Bank Berater schreibt
die Glückwunsch Mails mit dem neuen Kontostand mittlerweile nicht
mehr selbst, diese Aufgabe hat der Aufsichtsratsvorsitzende des
europaweit tätigen Bankhauses übernommen.
Mein Leben ist völlig aus
der Bahn, ständig bekomme ich Anrufe von Zeitungen und
Fernsehanstalten aus dem ganzen Land.
Der Landrat und der
Bürgermeister meiner Heimatgemeinde ließen mich über die Presse
wissen, dass die neue Gesamtschule am Ort jetzt meinen Namen trägt.
Die Regierung bot mir ein
Ministeramt an und die Kanzlerin machte mir durch die Blume einen
Heiratsantrag.
Kurz, ich bin am Ende!
Seit einige größere
Verlagshäuser Angebote zur Veröffentlichung weitere Gedicht Bände schicken, habe ich schwere Depressionen und ein Magengeschwür.
Ich kann nicht mehr, ich
will nur noch meine Ruhe.
Nie wieder werde ich so
etwas Dummes tun, nein, gleich Morgen verbrenne ich alle meine Texte
und ändere meinen Namen und die Adresse, oder, besser ich wandere
aus.
Und wenn nicht sofort das
Telefon aufhört zu klingeln, …..
Telefon?
Wo bin ich?
Ups, da bin ich wohl
eingeschlafen. Das passiert mir in letzter Zeit öfter.
Wissen sie, ich bin
Schriftsteller. Na, sagen wir, ich wäre gern einer.
Nachts kann ich kaum
schlafen, weil meine Bücher sich nicht verkaufen und tagsüber
bringe ich nichts mehr zustande.
Aber entschuldigen Sie,
ich muss da jetzt mal abnehmen, vielleicht will einer eine Geschichte
kaufen, oder ein Gedicht, oder, …. ja, das ist bestimmt ein Verlag,
der mein Buch machen will.
Also nichts für ungut,
tschüss, bis die Tage!
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