Mittwoch, 20. März 2013

Das Leid eines erfolgreichen Autors.

Eine fast reale Geschichte!

Der Arzt, der an meinem Bett steht, schüttelt ungläubig seinen weiß behaarten Kopf. "Lieber Freund, warum tun sie so was, das Leben ist doch so schön!“
Ich brauche einen Moment, bis ich realisiere, wo ich bin und das Begreifen macht mich traurig. Das war jetzt der dritte gescheiterte Selbstmordversuch in zwei Monaten.
Eine halbe Flasche Wodka und eine Röhrchen Schlaftabletten, was soll ich denn noch machen. Gut, vielleicht hätte ich doch den Deckel von dem Röhrchen nehmen sollen.
Aber am besten erzähle ich von Anfang an.

Es fing alles an, als ich ungefähr zehn Jahre alt war. Aus irgendeinem Grunde fühlte ich mich damals berufen, für eine Familienfeier, ein eigenes Gedicht zu verfassen und das Unheil nahm seinen Lauf.
Ich gebe zu, ich bin süchtig. Süchtig danach Worte schriftlich solange aneinanderzufügen, bis ein halbwegs sinnvoller Text entsteht, der im besten Fall auch über einen Reim-Rhythmus verfügt.
Jetzt werden sie sagen: "Na und, es gibt doch viele, die Gedichte selbst verfassen.“
Richtig, aber im Laufe der Zeit kommt da eine ganze Menge an Texten zusammen. In Ordner ab geheftet füllt das irgendwann eine komplette Schrankwand und nimmt ihnen den Platz, den sie zum Beispiel für Nippsachen und Dekorationsartikel in ihrem Wohnzimmer dringend benötigen.
Also kam ich vor einiger Zeit auf die Idee, um wenigstens einige Texte los zu werden, ein Buch daraus zu machen.
Dank der neuen Technik, wir leben schließlich in einer virtuellen Computerwelt, braucht man dafür ja keinen Verlag mehr, so wie früher in der Steinzeit. Was das Risiko, das sie ihr Schriftwerk noch Jahre im Regal haben deutlich minimiert.
Ich nahm also einen ganzen Schwung meiner Gedichte, meldete mich auf einer bekannten online Plattform an und veröffentlichte den ganzen Schrott. Nachdem ich fertig war, vernichtete ich sofort die Originaltexte und stellte einen giftgrünen Wackeldackel aus Plastik in das frei gewordene Eckchen. Zwei Tage später feierte ich mit der Nachbarschaft, den Einzug des neuen Familienmitgliedes und genoss ihre bewundernden Blicke.

Doch schon am Nächsten morgen informierte mich eine Email darüber, dass eine Person xy, aus nicht näher bekannten Gründen, mein Buch käuflich erworben hatte.
Zutiefst erschrocken las ich die Nachricht wieder und wieder, das musste eine Verwechslung sein.
Auf Nachfrage teilte man mir im Laufe des Tages mit, es hätte bis dato einhundert dreiundzwanzig Abverkäufe gegeben und man würde mir meinen Anteil schnellst möglich überweisen.
Anteil, welcher Anteil, ich war schockiert und bekam Magenkrämpfe.
Zehn Tage später lagen die Verkaufszahlen bereits bei über fünfzigtausend und meine Bank ernannte mich zum Kunden des Monats.
Innerhalb von weiteren vier Wochen wurde mein Gedicht-band in fünf Sprachen übersetzt und weltweit drei Millionen mal verkauft.
Mein Bank Berater schreibt die Glückwunsch Mails mit dem neuen Kontostand mittlerweile nicht mehr selbst, diese Aufgabe hat der Aufsichtsratsvorsitzende des europaweit tätigen Bankhauses übernommen.
Mein Leben ist völlig aus der Bahn, ständig bekomme ich Anrufe von Zeitungen und Fernsehanstalten aus dem ganzen Land.
Der Landrat und der Bürgermeister meiner Heimatgemeinde ließen mich über die Presse wissen, dass die neue Gesamtschule am Ort jetzt meinen Namen trägt.
Die Regierung bot mir ein Ministeramt an und die Kanzlerin machte mir durch die Blume einen Heiratsantrag.
Kurz, ich bin am Ende!

Seit einige größere Verlagshäuser Angebote zur Veröffentlichung weitere Gedicht Bände schicken, habe ich schwere Depressionen und ein Magengeschwür.
Ich kann nicht mehr, ich will nur noch meine Ruhe.
Nie wieder werde ich so etwas Dummes tun, nein, gleich Morgen verbrenne ich alle meine Texte und ändere meinen Namen und die Adresse, oder, besser ich wandere aus.
Und wenn nicht sofort das Telefon aufhört zu klingeln, …..

Telefon?
Wo bin ich?
Ups, da bin ich wohl eingeschlafen. Das passiert mir in letzter Zeit öfter.
Wissen sie, ich bin Schriftsteller. Na, sagen wir, ich wäre gern einer.
Nachts kann ich kaum schlafen, weil meine Bücher sich nicht verkaufen und tagsüber bringe ich nichts mehr zustande.

Aber entschuldigen Sie, ich muss da jetzt mal abnehmen, vielleicht will einer eine Geschichte kaufen, oder ein Gedicht, oder, …. ja, das ist bestimmt ein Verlag, der mein Buch machen will.
Also nichts für ungut, tschüss, bis die Tage!

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